Lösung

Eine einheitliche Handlungsanweisung gibt den Konstrukteuren Ideen und Vorgaben zur Gestaltung von Schraubenverbindungen. Das Nachschlagewerk ermöglicht dem Konstrukteur, schnell und einfach die richtige Schraubenverbindung auszuwählen. Ebenso wird die Richtlinie die Entscheidung, ob eine Schraubensicherung notwendig und welche Schraubensicherung die richtige ist, vereinfachen bzw. vorgeben. Durch die Vereinheitlichung werden Kosten eingespart und Montageschritte vereinfacht. Unwirksame Schraubensicherungselemente werden vollständig aus dem Unternehmen verschwinden und an den notwendigen Stellen durch wirksame Schraubensicherungselemente ersetzt.

Um das Verständnis für die verschiedenen Schraubensicherungselemente, dessen Funktion und Wirkung auch bei den Monteuren in der Produktion zu erlangen, wird eine Arbeitsanweisung für die Monteure mit Angaben zur richtigen Montage und dem Umgang mit den verschiedenen Schraubensicherungselementen erstellt.

 

Zugversuche für verschiedene Mutternverbindungen
an der Universität Paderborn

Um die Stabilität der verschiedenen Mutternverbindungen, wie zum Beispiel das Grundlochgewinde, Blindnietmuttern oder Fließbohrungen besser einschätzen zu können, haben wir die Angaben der Hersteller, die alle eine Stabilität vergleichbar mit einer Standard Sechskantmutter (Festigkeit 10) angeben, rechnerisch und mittels eines Zugversuchs überprüft. Das rechnerische Ergebnis ergibt für S235 JR eine Auszugskraft von FmGM = 36.810 N.

  

Versuchsaufbau

In das Mutterngewinde M8 der Zug-Probe ist eine Zylinderkopfschraube M8 der Festigkeit 12.9 (höhere Festigkeit als das Mutterngewinde, um zu gewährleisten, dass das Mutterngewinde zerstört wird und nicht das Schraubengewinde) eingeschraubt. Die Schraubenverbindung wird in die Zugmaschine gespannt, die diese mittels Hydraulik, mit der Geschwindigkeit von 1 mm/min auseinander zieht, bis die Probe zerstört ist. Kraft und Weg werden gemessen und elektronisch erfasst. Mit den Daten erfolgt anschließend eine graphische Auswertung.


Abbildung 1-1 Zugmaschine mit Zugprobe


Abbildung 1-2 Kraft-Weg Diagramm

 

Ergebnis des Versuchs

Alle Mutternverbindungen entsprechen den Herstellerangaben und halten den Belastungen (Zugkraft von 20 kN) für eine Schraube M8 8.8 stand. Sie übertreffen in der Regel sogar die Erwartungen / Anforderungen und erreichen deutlich höhere Stabilitäten. Bevor die Gewinde ausreißen bzw. zerstört werden, verformt sich das Werkstück.

Es können alle Mutternverbindungen für den Allgemeinen Maschinenbau eingesetzt werden.

Bei den Anzugsverfahren zeigt sich, dass die Erhöhung des Drehmoments keine Auswirkung auf die Stabilität der Schraubenverbindung hat. Allerdings beim Anziehen mit dem Schlagschrauber ist deutlich zu erkennen, dass die Schraube schon bei 25% der Nenn‑Vorspannkraft plastisch verformt wird. Die Schraubenverbindung ist zerstört.

Vom Einsatz des Schlagschraubers wird daher abgeraten.

 

Junker Vibrationstest nach DIN 65151

Um das Verhalten der Vorspannkraft, unter Einfluss von Vibration unterschiedlicher Sicherungselemente zu betrachten, hat die Firma Nord-Lock mit uns einen Vibrationstest „Junker Vibrationstest“ durchgeführt.


Abbildung 2-1 Junker-Vibrationstest Versuchsaufbau und Vorrichtung

Eine beweglich gelagerte Platte wird mit einer M8 Innensechskantschraube 8.8 mit dem Grundträger verschraubt. Die Schraube wird mit einem Innensechskantschlüssel in Position gehalten, um zu gewährleisten, dass sich die Schraube nicht löst. Ein Exzenter wird in Rotation versetzt und erzeugt eine Bewegung der Platte, quer zur Schraubenachse, mit einer Amplitude von ± 0,3 mm und einer Frequenz von 40 Hz (80 Lastwechsel pro Sekunde). Die Vibration bewirkt, dass sich die Mutter löst.

Die Vorspannkraft (engl. Clamp Load) wird mit einem integrierten Kraftmesser gemessen und digital erfasst. Die Auswertung erfolgt simultan und wird graphisch nach der Zeit (engl. Time) dargestellt.

Der Versuch wurde mit unterschiedlichen Sicherungselementen durchgeführt, darunter sind sowohl wirksame, als auch unwirksame Elemente.

 

Im ersten Durchlauf wurden folgende Muttern‑Sicherungselemente‑Kombinationen getestet:

  1. Sechskantmutter (pinker Graph)

  2. Federring - Sechskantmutter (dunkelgrüner Graph)

  3. Stoppmutter bzw. Mutter mit Polyamidklemmteil (hellblauer Graph)

  4. Ganzmetallmutter bzw. Mutter mit Metallklemmteil (violetter Graph)

  5. Kontermutter (dunkelblauer Graph)


Abbildung 2-2 Erster Testdurchlauf vom Junker-Vibrationstest

Es zeigt sich, dass lediglich die Mutter mit Polyamid- bzw. Metallklemmteil eine geringe Vorspannkraft aufrechterhalten kann. Allerdings ist diese so gering, dass die beiden Sicherungselemente nur als Verliersicherung fungieren können. Problematisch ist bei diesen Sicherungselementen, dass eine gelöste Schraubenverbindung nicht zu erkennen ist.

Alle anderen Sicherungselemente können die Vorspannkraft nicht aufrechterhalten, nicht mal einen geringen Teil. Die Schraubenverbindung ist komplett zerstört.

 

Im zweiten Durchlauf wurde das Keilsicherungsscheibenpaar von der Firma Nord-Lock verschraubt:


Abbildung 2-3 Zweiter Testdurchlauf vom Junker-Vibrationstest

Das Keilsicherungsscheibenpaar kann eine Vorspannkraft von 16 kN aufrechterhalten. Das sind ca. 84% der ursprünglichen Vorspannkraft von 19 kN. Auch wenn das Anzugsmoment und somit die Vorspannkraft geringer ist, können ca. 84 % aufrechterhalten werden. Das reicht aus um ein Losdrehen der Schraubenverbindung zu verhindern.

Beim Lösen der Schraubenverbindung (engl. untightening) muss ein Losbrechmoment aufgebracht werden, um die Verkeilung der Keilsicherungsscheibe zu überwinden. Die daraus folgende erhöhte Vorspannkraft wird im rechten Teil des Diagramms dargestellt. Die Vorspannkraft erreicht maximal den Wert der ursprünglichen Vorspannkraft beim Anziehen. Das bedeutet, dass beim Lösen die Schraube nicht stärker belastet wird und somit nicht plastisch verformt wird. Sie wird nur elastisch verformt und kann wiederverwendet werden.